Aus
der Frühgeschichte elektronischer Instrumente:
Die ›Ondes Martenot‹
Die rasche Entwicklung der Ton-und Übertragungstechnik
ermöglichte in den 1920er Jahren auch Experimente mit
elektroakustischen Instrumenten. An der Rundfunkversuchstelle,
1927 als Abteilung der Berliner Musikhochschule eingerichtet,
entwickelte Friedrich Trautwein das Trautonium, für das
u.a. Richard Strauss und Paul Hindemith neue Werke schrieben.
Trautwein stellte seine Erfindung 1930 der Öffentlichkeit
vor. Bereits im April 1928 führte in Paris Maurice Martenot
ein von ihm entwickeltes elektroakustisches Instrument in
der Opéra vor. Er nannte es ›Ondes (=Wellen,Schwingungen)
Martenot‹. Seine Schwester wurde zur wichtigsten Promoterin
des Instruments mit seinem betörenden bis scharfen, entrückten
bis schneidenden Klang. Darius Milhaud, André Jolivet,
Charles Koechlin, Florent Schmitt, Jacques Ibert, Arthur Honegger,
Edgard Varèse und Olivier Messiaen komponierten Werke
für das neue Instrument. Zu den bekannten Interpreten
zählte neben Ginette Martenot und Jeanne Loriod auch
der junge Pierre Boulez.
Die Ondes Martenot bestehen aus einem Röhrengenerator,
der unterschiedliche Frequenzen, Obertöne und Obertonmischungen
erzeugen kann, jedoch immer nur über einem Basiston,
sodass sich das Instrument nur einstimmig verwenden lässt.
Gespielt wird es entweder über eine Tastatur oder über
einen Metallring, mit dem man über ein Metallband gleitet.
So können etwa stufenlose Glissandi erzeugt werden. Der
Ondist bedient mit der rechten Hand die Tastatur oder das
Gleitband, mit der linken dagegen Regler, über die er
Lautstärke und Obertonzusammensetzung (=Klangfarbe) einstellt
und verändert. Über einen Lautsprecher, der unabhängig
vom Instrument aufgestellt werden kann, werden die Töne
verstärkt und in den Raum übertragen. Messiaen nutzt
in der ›Turangalîla-Symphonie‹ besondere
Effekte, im sechsten Satz für das ›Liebesthema‹
»einen Speziallautsprecher, genannt ›Palme‹,
der auf dem Prinzip korrespondierender Schwingungen beruht.
Schließlich habe ich auch von metallischen Klang effekten
reichlich Gebrauch gemacht: jeder Ton löst die metallische
Resonanz eines im Lautsprecher platzierten Gongs aus, die
ihn mit einer Aura von Obertönen umgibt. Fremdartig,
geheimnisvoll, unwirklich in ihrer Süße –
grausam, zerrei ßend und in ihrer Stärke erschreckend
zugleich, sind die metallischen Timbres zweifellos die schönsten
des Instruments.«
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